1767 - 1845
Zwei Reime heiß ich viermal
kehren wieder,
Und stelle sie, geteilt, in gleiche Reihen,
Daß hier und dort zwei eingefaßt von zweien
Im Doppelchore schweben auf und nieder.
Dann schlingt des Gleichlauts
Kette durch zwei Glieder
Sich freier wechselnd, jegliches von dreien.
In solcher Ordnung, solcher Zahl gedeihen
Die zartesten und stolzesten der Lieder.
Den wird ich nie mit meinen
Zeilen kränzen,
Dem eitle Spielerei mein Wesen dünket,
Und Eigensinn die künstlichen Gesetze.
Doch, wem in mir geheimer
Zauber winket,
Dem leih ich Hoheit, Füll in engen Grenzen,
Und reines Ebenmaß der Gegensätze.
1767 - 1845
Bewundert nur die
feingeschnitzten Götzen,
Und laßt als Meister, Führer,
Freund uns Goethen:
Euch wird nach seines Geistes
Morgenröten
Apollos goldner Tag nicht mit
ergötzen.
Der lockt kein frisches Grün
aus dürren Klötzen,
Man haut sie um, wo Feurung
ist vonnöten.
Einst wird die Nachwelt all
die Unpoeten
Korrekt versteinert sehn zu
ganzen Flözen.
Die Goethen nicht erkennen,
sind nur Goten,
Die Blöden blendet jede neue
Blüte,
Und, Tote selbst, begraben sie
die Toten.
Uns sandte, Goethe, dich der
Götter Güte,
Befreundet mit der Welt durch
solchen Boten,
Göttlich von Namen, Blick,
Gestalt, Gemüte.
1767 - 1845
Mein erster Meister in der
Kunst der Lieder,
Der über mich, als meiner
Jugend Morgen
Noch meinen Namen schüchtern
hielt verborgen,
Der Weihung Wort sprach,
väterlich und bieder!
Den deutschen Volksgesang
erschufst du wieder,
Und durftest nicht gelehrte
Weisen borgen;
Doch Müh, verworrne
Leidenschaften, Sorgen,
Sie drückten früh dein
krankend Leben nieder.
Zürnst du, daß ich zu männlich
strenger Sichtung
Des reinen Golds von minder
edlen Erzen
An deines Geists Gepräge mich
entschlossen?
In dumpfen Tagen schien der
Quell der Dichtung
Dir schon versiegt; er hat
sich neu ergossen,
Doch tragen wir dein wackres
tun im Herzen.
1767 - 1845
Von ferne kommt zu mir die
trübe Kunde.
Es trennt mich ein Gebirg mit
Wald und Klüften,
Blau dämmernd in des
Horizontes Düften,
Von dort, wo ich erlitt die
Todeswunde.
Da macht’ ich auf die Wandrung
mich zur Stunde:
Wo Bäche stürzend rauschen in
den Schlüften,
Wo Felsen sich gewölbt zu
dunklen Grüften,
Da ist der Pfad mit meinem
Sinn im Bunde.
Hier reiste jüngst hindurch,
die ich betraure,
Nicht achtend auf des
schroffen Wegs Beschwerde;
Zur heitern Landschaft südlich
hingezogen.
Mai war’s, nun heiß es Sommer,
und ich schaure
Von kaltem Sturm; ihr ward zum
Grab die Erde:
Der Lenz hat allen, Jugend ihr
gelogen.
Der Himmel lacht, es wehen
warme Lüfte,
Die Gauen blüh’n ringsum mit
Wein und Korne.
Hier schirmen Hügel vor des
Nordwinds Zorne
Ein kleines Tal voll frischer
Wiesendüfte.
Und es ergießt der Schoß der
kühlen Klüfte
Heilsamen Trank in ewig regem
Borne.
Da fällt mich die unheimliche,
verworrne
Vorahndung an: hier sind auch Totengrüfte.
Kannst du dich so, Natur, mit
Mord besudeln?
Wie, oder war dir jede Kraft
und Tugend
Vom unerbittlichsten Gestirn
gebunden?
Ja, hier, wo selbst die
Quellen Leben sprudeln,
Hat, in der Rosenfülle froher
Jugend,
Mein süßes Leben seinen Tod gefunden.
Schon Wochen sind es, seit sie
hier versenket
Den süßen Leib, von aller Huld
umflossen,
Der das geliebte Wesen
eingeschlossen,
Zu dem umsonst mein Sehnen nun
sich lenket.
Welk ist der Kranz, dem Grabe
frisch geschenket,
Und nicht ein Halm dem Hügel
noch entsprossen;
Die Sonne zielt mit glühenden
Geschossen,
Noch Tau noch Regen hat den
Staub getränket.
Auch werd’ ich dazu nicht des
Himmels brauchen.
Kehr’ dich nur weg, fühlloses
Weltenauge!
Ihr Wolken mögt euch anderswo
ergießen.
Nur meine Tränen, heil’ger
Boden, sauge!
Bei warmem Liebesblick und
kühlem Hauchen
Der Seufzer sollen
Wunderblumen sprießen.
Dich sollt’ ich hassen, und
ich muß dich lieben,
Ort! der mein Kleinod geizig wollte
haben,
Nicht um sich sein zu freun,
es zu vergraben;
Selbst reicher nicht, indes
ich arm geblieben.
Hier sind noch ihre Spuren
eingeschrieben:
Auf diesen Wiesen saß sie;
Schatten gaben
Ihr Busch und Baum, und
Früchte, sie zu laben;
Die Blumenlust ließ Au und
Feld sie üben.
Hier sang sie noch dem Echo
muntre Lieder;
Jungfräulich wandelnd im
Cyanenkranze
Ließ sie das goldne Haar
anmutig flattern.
Bald aber sank sie, ach!
entseelt danieder,
Wie den Gespielen weggerafft
im Tanze
Eurydice vom Stiche falscher
Nattern.
Oft, wenn sich ihre reine
Stimm erschwungen,
Schüchtern und kühn, und
Saiten drein gerauschet,
Hab’ ich das unbewußte Herz
belauschet,
Das aus der Brust melodisch
vorgedrungen.
Vom Becher, den die Wellen
eingeschlungen,
Als aus dem Pfand, das Lieb
und Treu getauschet,
Der alte König sterbend sich
berauschet,
Das war das letzte Lied, so
sie gesungen.
Wohl ziemt sich’s, daß der
lebensmüde Zecher,
Wenn dunkle Fluten still sein
Ufer küssen,
In ihren Schoß dahingibt all
sein Sehnen.
Mir ward aus liebevoller Hand
gerissen,
Schlank, golden, füßgefüllt,
bekränzt, der Becher;
Und mir zu Füßen braust ein
Meer von Tränen.
Der Himmel, sagt man, kann
Gewalt erleiden.
O drängen meiner Blicke Liebespfeile
Die Wolken durch, daß ich an
deinem Heile,
Geliebtes Kind, mein Herz doch
möchte weiden!
Du mußtest von der treuen
Mutter scheiden:
Ward eine Mutter droben dir
zuteile?
Wer sagt dir Tröstung, die
dein Mitleid heile,
Wenn du so fern herabschaust
auf uns beiden?
Ein heil’ges Wort hat
Botschaft ja gesendet,
Dort walt’ ein weiblich Bild
der Muttertriebe,
Das Herz der Welt, in ewigem
Umarmen.
O, wenn von ernster Glorie
Strahl geblendet,
Die zarte Seele flieht zum
Schoß der Liebe:
Birg du, Maria, sie in deinen
Armen!
IX. An
denselben (Novalis)
Du Teurer, dem ich dieses Lied
gesendet,
Muß ich dich selbst schon
suchen bei den Toten?
Zur Totenfeier hab ich dich
entboten:
Nun werd’ ein Totenopfer dir
gespendet.
Wer sich zu ferner Lieben
Heimat wendet,
Dem wird gar mancher zarte
Gruß geboten;
So find’ in dir mein Sehnen
einen Boten,
Wenn je mein Herz dir liebend
sich verpfändet.
Sag ihr: - doch in der Sprache
jener Sphären
Verstummt der Laut des
Schmerzes, den ich meine,
Und diese Trauer läßt sich
dort nicht nennen.
O könntest du den
Perlenschmuck der Zähren
Ihr bringen, die ich ihr und
dir nun weine!
Für wen sie fließen, weiß ich
nicht zu trennen.
1767 - 1845
Wie reiche Schöne ward euch
schönen Armen!
Nur müßt ihr euch mit
anmutsvollem Regen
Nicht bloß zur Rede, selbst
beredt, bewegen:
Die Arme sind gemacht, um zu
umarmen.
Verbannt aus eurem Reich, muß
ich verarmen;
Doch wollt ihr mich in enge
Bande legen,
So löst ihr mich: wer könnte
Harm wohl hegen,
Gehegt in Armen, die von Lieb
erwarmen?
So zart geründet von den
Schultern nieder
Ihr Grübchen spielet an den
Ellenbogen,
Dann, lind geschweift, euch zu
der Hand verenget,
Seid ihr doch mächtig wie des
Atlas Glieder:
Ihn hat des Himmels Bürde tief
gebogen,
Den ihr so leicht in eure
Mitte dränget
1767 - 1845
In deiner Dichtung Labyrinth
versunken,
Wo in des ewgen Frühlings
Jugendflore
Die Schönheit wird, die Lieb
Aurore,
Und alle Blumen lichte
Sternenfunken:
O Calderon, du hier schon
Gottheit-trunken
Herold der Wonne, Cherub nun
im Chore!
Sei dir mein Gruß gesandt zum
selgen Ohre,
Und hohes Heil und Glorie
zugetrunken.
Doch welcher Trank mag dazu
würdig dienen,
Von allem, was umarmt von
brünstgen Sonnen,
Aus Trauben ihres Busens
träuft die Erde?
Nur jene Reb, entsproßt am
Flammenbronnen
Vesuvs, daß sie in fließenden
Rubinen
Lacrima Christi, frommer
Nektar, werde.
1767 - 1845
Verhüllend will sich Nebel um
sie legen,
Doch bleibt vom Nacken nieder
zu den Sohlen
Der zarte Bau der Glieder
unverhohlen,
Und schönres noch errät der
Blick verwegen.
Entzücken scheint sich durch
sie hin zu regen,
Und, vor Entzücken, tiefes
Atemholen.
Und, seh ich recht? es kommt
ein Mund verstohlen
Dem Rosenantlitz aus dem Duft
entgegen.
Dein Los, Ixion, hat sich hier
verkehret:
Du wolltest kühn der Göttin
Leib umfangen
Und eine Wolke blieb in deinen
Armen.
Doch Jos Reiz hat andern Trug
gelehret,
Daß eine Wolk in liebendem
Verlangen,
Und in der Wolk ein Gott sie
muß umarmen.
1767 - 1845
Wes ist das Lied, das mit
geweihten Zungen
Des Weltalls Höhn und Tiefen
ernst verkündet;
Erst langsam durch des
Abgrunds Nacht sich windet,
Der Prüfung Gipfel kühner
schon errungen;
Dann, neu gekräftigt, himmelan
gedrungen,
Daß Religion und Poesie
verbündet
Noch nie so Cherubinen-gleich
entzündet
Sich mit den Sphären schwungen
und erklungen?
Zugleich der Tempel und des
Baues Meister,
Schuf dieß lebend’ge Grabmal
seiner Liebe,
Die er, beseligt, Beatrice
nannte,
Verbannt hier, Bürger nur im
Reich der Geister,
Wo in der Gottheit Schaun die
Kraft dem Triebe
Nicht mehr erliegen muß, der
große Dante.
Ein wechselnd Glühn, ein
unauflöslich Sehnen,
In Labyrinthen ein bezaubernd
Irren,
Wo Seligkeit und Pein sich süß
verwirren,
Ein waches Träumen, ein wahrhaftes
Wähnen,
Läßt dein Gesang, Petrarca,
bald im Tränen-
betauten Hain die zarten
wünsche girren;
Aus Einsamkeit, wo
Nachtgevögel schwirren;
Sich bald die tiefen
Klagelaute dehnen.
In Frühlingslüften, die
vorüber ziehen,
Fühlst du, im Lorbeerbaum erblickst
du Lauren;
Sie nennt dein Mund, wie
schüchtern er auch schweige.
Und deine heilge Daphne liebt
im Fliehen:
Ach, schon verwandelt, beut
mit sanftem Trauren
Sie dir zum Kranz die ewig
grünen Zweige.
So wie der kluge Gärtner saubre
Gänge
Und zierlich eingefaßte Beete
ziehet,
Allein nicht hemmt, nur
pflegt, was drinnen blühet,
Daß sich die Kraft der
Pflanzen üppig dränge:
So ist Boccaccio, der
Geschichten Menge
Als Blumenflor zu ordnen, wohl
bemühet;
Rings schmücken, wie ein goldner
Rahmen glühet,
Sie heitre Reden, Landlust,
Spiel, Gesänge.
Betäubt des Gartens Duft die
zarte jugend,
Verdammt die Spröde, wo sie
gern errötet,
Und lernen neue Tücken selbst
die Schlauen:
So wirft sich, glaubensvoll an
ihre Tugend
Und Sittsamkeit, die nicht ein
Hauch ertötet,
Der Dichter in den Schutz der
edlen Frauen.
Mit Bradamantes Mut und Reiz
und Feuer,
Auf schlankem Roß, das sie
behende zügelt,
Vom bunten Helmbusch ihre
Stirn beflügelt,
Zieht Ariostos Mus auf
Abenteuer.
Sie siegt und fliegt von
dannen, keinem treuer;
Der ebne Grund ist ihr zu eng
umhügelt,
Im Luftrevier an ihren Schild
gespiegelt
Erscheint die Welt ein schönes
Ungeheuer.
Viel Wunder zwar natürlich
drin geschehen:
Geschicktes Wagen gilt bei
Lieb und Waffen;
Tappt Roland zu, so pflückt
Medor verstohlen.
Die Schalkheit ist die
mächigste der Feen,
Sie läßt die Phantasie nur
toll sich gaffen,
Um aus dem Mond ihr den
Verstand zu holen.
Mit den Trompeten und des
Kriegs Getösen
Heißt Tasso seine keusche
Stimm’ erschallen,
Nicht bloß am Kampf ein
ritterlich Gefallen,
Nein, heil’gen Muth in das
Gemüth zu flößen.
Jerusalem, die Gottesstadt zu
lösen,
Sieht man das Kreuz voran den
Schaaren wallen,
Clorinda’s Arm, Armida’s Reize
fallen,
Ismeno’s Zauber, und die Macht
des Bösen.
Befreit ist nun der Andacht
jene Stätte,
Wo seiner Leiden Wunder
Christus übte,
Des Todes Leben, des
Verderbens Tilger.
Entwaffnet knie’n die Helden
im Gebete;
Glorreich vollbracht hast du
dein groß Gelübde;
So ruh’ von deiner Fahrt nun,
frommer Pilger.
Der Hoffnung Grün, die Blüthe
süßer Stunden,
Der Unschuld Lilie und der
Schönheit Rose,
Dann, wie Zypressen, dunkler
Schickung Loose,
Hast du, Guarini, zart zum
Kranz gewunden.
Schon sind im Tod die
Liebenden verbunden,
Da finden sie der Wonne sich
im Schooße,
Da lös’t sich auf in
flüsterndes Gekose
Das Weh der Dornen, die ihr
Herz verwunden.
Treu leitet Anmuth deinen
treuen Hirten;
Ihm, wenn er lehrt die
Wissenschaft der Küsse,
Glühn Wangen, zittern Lippen,
wallen Busen.
Ein neu Arkadien schatten
frische Myrthen:
Der Liebe huld’gen Wald, Thal,
Berge, Flüße,
Und tauchend folgt Alpheus
Arethufen.
1767 - 1845 Nach dem
Propheten Jesaias
Wo sind die Kanzler nun? So
muß ich fragen:
Wo sind die Räte? Wo die
Schriftgelehrten?
Sie, die mit eitler Weisheit
sich bewehrten,
Und wußte keiner Tüchtiges zu
sagen.
Das Volk, das euch vertraut,
ist hart geschlagen.
Es sind die Künste, die sein
Herz verkehrten,
Die Täuschereien, so den
Zwiespalt mehrten,
Zu Schanden worden in des
Schreckens Tagen.
Die ihr gebrütet
Basiliskeneier,
Spinnwebe wirket, schwanger
gingt mit Strohe,
Und Stoppeln ohne Halm ans
licht geboren:
Helft nun! Die Riesenflügel
spreizt der Geier,
Er facht im Lande der
Verwüstung Lohe,
Und noch ruft Recht und
Wahrheit tauben Ohren.
1767 - 1845
Mein süßes Kindlein, wüßt ich
dein zu pflegen!
Ich bin noch matt, doch ruh am
Busen warm;
die nacht ist dunkel, klein
die Hütt und arm:
Sie mußten dich in diese
Krippe legen.
So sprach Maria; draußen riefs
dagegen:
Laßt uns hinein, wir wollen
keinen Harm!
Uns wies hieher dier Engel
froher Schwarm,
Verkündigend den neugebornen
Segen.
Das dach empfängt sie, und ein
göttlich Licht,
Wie um ihn her die frommen
Hirten treten,
Entstrahlt des Heilands
kleinem Angesicht.
Sie stehn, sie schaun, sie
jubeln, preisen, beten;
Der Jungfrau mütterliche Seel
erfüllt
Sich mit dem Gotte, den ihr
Schoß enthüllt.
1767 - 1845
Der fährt durchs Leben leicht
auf leichter Barke,
Der läßt die Wimpel bunt und
stattlich fliegen;
Der will bis in den Mond
erobernd siegen,
Der sorgt, wie er sein klein
Gebiet vermarke;
Der pflegt sich üppig mit des
Landes Marke,
Der muß im Wetter nackt und
hungrig liegen:
Doch alle gleich, gewiegt in
gleichen Wiegen
Der großen Mutter, Schwache so
wie Starke.
Und kaum gewürdigt werden
eines Blickes,
Die da gewesen; und die sind,
vergessen
Ihr Wandeln über hohlen
Katakomben.
Es rollt die Erde wie das Rad
des Glückes,
Mit ihr die Zeit, nie ruhend,
ungemessen,
Und stündlich würgt der Tod
sich Hekatomben.
1767 - 1845
Aus fernen Landen kommen wir
gezogen;
Nach Weisheit strebten wir
seit langen Jahren,
Doch wandern wir in unsern
Silberhaaren:
Ein schöner Stern ist vor uns
aufgeflogen.
Nun steht er winkend still am
Himmelsbogen:
Den Fürsten Juda’s muß dies
Haus bewahren.
Was hast du, kleines
Bethlehem, erfahren?
Dir ist der Herr vor allen
hochgewogen.
Holdselig Kind, laß auf den
Knie’n dich grüßen!
Womit die Sonne unsre Heimath
segnet,
Das bringen wir, obschon
geringe Gaben.
Gold, Weihrauch, Myrrhen
liegen dir zu Füßen;
Die Weisheit ist uns
sichtbarlich begegnet,
Willst du uns nur mit Einem
Blicke laben
1767 - 1845
Den Schöpfer, der die Erde neu
gestaltet,
Gebenedeite! hast du ihr
gegeben.
Du darfst dein Aug’ als
Anvermählte heben
Zum Vater Aller, der im Himmel
waltet.
Ein guter Greis, deß Treue nie
veraltet,
Steht euer Pfleger väterlich
daneben.
In deinem Sohne glüht ein
heilig Leben,
Das spielend sich auf deinem
Schooß entfaltet.
Mehr Lieb’, als Kinder zu
einander tragen,
Sprichst des Genossen feurige
Geberde,
Dem Jesus zarte Händ’
entgegenbreitet.
Der braungelockte Knabe
scheint zu fragen:
Was thu’ ich, daß ich deiner
würdig werde?
Gern sterb’ ich, wenn ich dir
den Weg bereitet.
1767 - 1845
In unbewahrter Jugend frischer
Blüthe
Riß Magdalenen ihre Schönheit
hin;
Den edlen Geist berückt’ ein
weicher Sinn,
Daß sie in ungeweihten Flammen
glühte.
Sie hört den Heiland, und die
ernste Güte,
Die aus ihm spricht, wird
ihres Heils Beginn.
Zu seinen Füßen sinkt die
Sünderin,
Mit tiefzerriss’nem,
schmachtendem Gemüthe.
Entblößt vom Schmucke liebt
sie nun, allein,
Den Arm gelehnt an
blaßgeweinte Wangen,
Betrachtungen der Buße
nachzuhangen.
Ja, fromme Huldin, flieh’ in
Wüstenei’n,
Verbirg der Welt den Anblick
deiner Schmerzen:
Denn sonst bethört noch deine
Reu’ die Herzen.
1767 - 1845
Wie ist mir? Wonne blitzt von
Gottes Throne,
Und hat mit süßen Banden mich
umschlungen.
Mein Sehnen ist die Himmel
durchgedrungen:
Ich seh’ den Vater bei dem
theuren Sohne.
Hinan! Hinan! auf daß ich bei
euch wohne,
Vom Zug der Liebe leicht
emporgeschwungen!
Ihr Heil’gen, die ihr treu mit
mir gerungen,
Glaubt, liebet, hofft, und
einst empfaht die Krone. –
Und wie sie so auf Wolk’ und
Duft entschwindet,
Umlächeln sie des Himmels
jüngste Söhne;
Schon weichen unter ihrem Fuß
die Sonnen.
Im Lichte wird ein neues Licht
entzündet,
So strahlt die Braut, verklärt
in reiner Schöne,
Und ruht nun liebend an der
Liebe Bronnen.
1767 - 1845
Der Geist muß sich, um nicht
der Welt zu fröhnen,
Zur Weltanschauung in sich
selbst vertiefen,
Begreifend schafft er Kräfte,
welche schliefen,
Die durch Bewußtsein sich als
mündig krönen.
Da forschtest du, bis aus der Weisheit
Tönen
Musik ward, bis dir aus der
Seele Tiefen
Durch tausend Spiegel, die es
läuternd prüfen,
Zurückgestrahlt erschien das
Bild des Schönen.
Dich führt zur Dichtkunst
Andacht brünst’ger Liebe,
Du willst zum Tempel dir das
Leben bilden,
Wo Götterrecht der Freiheit
lös’ und binde.
Und daß ohn’ Opfer der Altar
nicht bliebe,
Entführtest du den himmlischen
Gefilden
Die hohe Gluth der leuchtenden
Lucinde.
1767 - 1845
Wenn Vorwitz, nur die Ruh’ des
weisen Alten
Zu stören, drang in Proteus’
düstre Grotte,
So wandelt’ er dem Frager sich
zum Spotte
In tausend unvernehmliche
Gestalten.
Doch wen Begeist’rung trieb,
ihn festzuhalten,
Nicht zagend vor der Ungeheuer
Rotte,
Dem wird er wiederum zum
sin’gen Gotte
Und würdigt ihn, Geheimes zu
entfalten.
Nicht zählst und miß’st du,
Freund, die Hieroglyphen,
Die der Natur endlose Säul’
umreihen:
Sie reden dir, der Stoff wird
zum Gedanken.
Bald werden, die in todter
Weisheit schliefen,
Die Götter aufstehn und zu
Priestern weihen
Die Forscher, die vom Quell
der Dichtung tranken.
1767 - 1845 P.
I. Ball. I.
O Donna! Wallt denn ewig dieser Schleyer
Um euer Haupt, im Sonnenlicht
und Schatten?
Sonst lächelte mir diese
Stirne freyer,
Und mit dem Lächeln schien
sich Huld zu gatten.
Doch kaum verrieth mein Blick
durch rasches Feuer
Geheimnisse, die längst
gequält mich hatten,
(Ach! Donna, meinen Vorwitz
büß’ ich theuer)
So mußt’ ein Flor dies Antlitz
überschatten.
Erlöst die goldnen Haare doch
vom Netze,
Und strahlen laßt entwölkt die
holden Sonnen,
Die mich vorlängst mir selber
abgewonnen!
Ich will ja gern von Stand an
die Gesetze
Der Unschuld heilig halten;
will nicht klagen,
Und meine Flamm’ im tiefsten
Busen tragen.
Castilischen
Geschlechts; von feinen Sitten;
Treu
der Religion und treu der Ehre;
Gelehrter,
dann Soldat, hab’ ich im Heere
Don
Juans bei Lepanto mitgestritten;
Den
Arm verloren; Sklaverei erlitten;
Zum
Fliehen schlau, frei bei des Druckes Schwere;
Erlöst;
bemüht dann, daß mein Ruhm sich mehre:
So
starb ich arm in der Bewundrer Mitten.
Die
Welt war mir ein Spiel; mein Alter Jugend;
Ich
mahlte was ich kannt’, und kannte Vieles,
Und
die Erfindung stand mir zu Gebote.
Von
süßer Liebe reimt’ ich, doch voll Tugend;
Erschuf
Novellen, Galatee, Perfides,
Und
den sinnreichen Ritter Don Quixote.
II.
Galatea
Wie
blauer Himmel glänzt auf Thales Grüne!
Ein
heller Strom fleußt lieblich auf und nieder,
Von
Berg und Wald verdeckt, erscheint er wieder,
Und
spiegelt klar der Landschaft bunte Bühne.
Wer
ist die Blonde dort mit sitt’ger Miene?
Wie
tönen süß die Leid- und Liebes-Lieder!
Mit
ihren Heerden nah’n die Hirtenbrüder,
Und
jeder zeigt, wie er den Holden diene.
O Lust
und Klang! o linde Ätherlüfte!
Im
zarten Grün sinnreich bescheidner Liebe
So
Himmlisches, doch Kindlichem Verwandtes!
Fremd
wären uns die feinsten Blumendüfte,
Wenn
Galathea nicht sie uns beschriebe,
Die
göttliche des göttlichen Cervantes.
III.
Das Trauerspiel Rumancia
Roms Heeren,
die im langen Kampf erschlaffen,
Rumancia
frei und kühn entgegenstunde.
Da
naht des unabwendbar’n Schicksal’s Stunde,
Als
Scipio neu der Krieger Zucht erschaffen.
Umbollwerkt
nun, verschmachtend, helfen Waffen
Den
Tapfern nicht; sie weih’n im Todesbunde
Sich,
Weiber, Kinder, Einer Flamme Schlunde,
Um dem
Triumph die Beute zu entraffen.
So
triumphiert, erliegend noch, Hispania:
Stolz
wandeln ihre Heldenblut-Verströmer
Zur
Unterwelt auf würdigem Koturne;
Wen
Lybyen nicht erzeugte, noch Hyrcania,
Der
Weint, es weinten wohl die letzten Römer
Hier
an des letzten Rumantiners Urne.
IV.
Die Leiden des Persiles und der Sigismunda
Aus
wüsten Meeren und beeisten Zonen
Zieht
ein Verhängnis, wunderbar gewunden,
Ein
sittsam Paar, dem keines gleich erfunden,
Hin zu
des Südens heitern Regionen.
Gekrönt
mit Schöheit statt ererbter Kronen,
Trennt
ein Gelübd’ sie lang’, obschon verbunden,
Bis
sie begrüßt in andachtvollen Stunden
Die
Stadt, wo alle Glorien Christi thronen.
Gefahr
und Lust lockt sie vom Ziel vergebens,
Und um
sie spielt der Menschen weltlich Handeln
Wie
bunte Muscheln an der Pilgerhaube.
Zur
Wallfahrt macht die Wellenfahrt des Lebens,
Ein
sichrer Stab den keine Zeiten wandeln.
Edler
Muth, reine Lieb’ und heil’ger Glaube.
V. Don Quixote de la Mancha
Auf
seinem Pegasus, dem magern Rappen
Reit’t
in die Ritterpoesie Quichote,
Und
hält anmutiglich, in Glück und Note,
Gespräche
mit der Prosa seines Knappen.
Erst,
wie sie blind nach Abenteuern tappen,
Trifft
sie der Weltlauf mit gar harter Pfote;
Dann
kommt der Scherz als huldigender Bote,
Und
schüttelt schelmisch ihre Schellenkappen.
Und
Liebe webt drein rührende Geschichten;
Verstand
der Menschen Sitten, Tracht, Gebärden;
Es
gaukelt Phantasie in farb’ger Glorie.
Ich
schwör es, und Urgande selbst soll richten:
Was
auch hinfüro mag ersonnen werden,
Dies
bleibt die unvergleichlichste Historie!
VI Die Reise auf dem Parnaß
Aus Versen ganz gebaut,
beflaggt, bekabelt,
Holt in den Krieg für des
Geschmackes Ehre
Ein Schiff Cervantes sammt der
Dichter Heere,
Zum Berg der Dichtung, den sie
selbst gefabelt.
Ein andres, wo der Reimer, süß
geschnabelt,
Herzugedrängt, versengt Neptun
im Meere;
In Schläuch’ und Kürbse
wandelt sie Cythere,
Daß nicht der Gott ihr hohles
Volk ergabelt.
Bald sind besiegt, die den
Parnaß verwirrten;
Man siehet neu die Poesie
erglänzen,
So wie die Sonn’ aus schönen
Morgenröten.
Die Heldentaten lohnt Apoll
mit Kränzen
Und beut, um sie auf’s beste
zu bewirthen,
Kastaliens Naß den hungrigen
Poeten.